9. März 2020 Pazarkule/Evros Tag 10

Unsere Geflüchteten-Freund*innen, die in das Gespräch verwickelt waren, haben über den Einsatz von Plastikgeschossen berichtet und darüber, dass sich auf dem Feld Verletzte befinden, darunter auch einer von ihnen. Der Verletzte sagte: “Wir werden die Grenze passieren oder sterben. Aber bitte lassen Sie den Rest nicht allein.”

Unsere Freund*innen berichteten über zunehmende Übergriffe durch Polizist*innen, insbesondere nach den Arbeitszeiten der Mitarbeiter*innen der humanitären Hilfsorganisationen wie IOM, UNHCR, ASAM. Uns wurde unter anderem berichtet, dass es nicht erlaubt ist, auf dem Boden zu sitzen, während man in der Schlange wartet, dass elektrische Schlagstöcke benutzt werden und dass Frauen nicht sehr oft aus den Zelten gehen.
Es gibt 30 Toilettenkabinen für Frauen und 30 für Männer. Es wurde berichtet, dass sich hier 15000 Personen befinden, davon 4000 Frauen. Es wurde verhindert, dass die Menschen die Zelte mit hinein genommen haben. Materialien wie Plastik, die als Zelt verwendet werden können, sind erlaubt. Zum ersten Mal haben sie im Inneren Isomatten ausgeteilt, allerdings nur tausend. Die Temperatur ist heute Nacht um 6-8 Grad gesunken.
Nach den Berichten hat die Zahl der Toten auf dem Feld 7 erreicht, drei davon wurden offiziell gemeldet. Es gibt eine Frau, die sich im letzten Trimester ihrer Schwangerschaft befindet. Sie sagt: “Hoffentlich wird mein Kind in Europa geboren.”
Laut unserem Freund von der Kommission für Migrantenrechte der Anwaltskammer von Edirne wurden 90 Verfahren gegen die von Griechenland ergriffenen Maßnahmen eröffnet. Es geht um die Aufteilung, Verletzungen, Todesfälle und andere Formen von Rechtsverletzungen in den umliegenden Dörfern wie dem Stadtzentrum von Edirne, Ipsala, Meric und Enez.
Wir haben erfahren, dass die Migrationsbehörde (DGMM) die Anwaltskanzlei in Istanbul, Ankara und Edirne kontaktiert hat, um den Fall der von Griechenland durchgeführten Menschenrechtsverletzungen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen.
Einigen der Migranten, die eine Weile an der Grenze blieben und dann nach Denizli zurückkehrten, wo sie registriert sind, wurde gesagt, dass sie ihren vorübergehenden Schutz verloren haben. Ihre Forderungen nach internationalem Schutz wurden zurückgewiesen, da sie eine Gesetzesverletzung an der Grenze begangen hätten. Die Migrationsbehörde reagierte jedoch mit der Feststellung, dass es keine derartige Politik gibt, die Anträge der zurückkehrenden Migrant*innen zurückzuweisen. Die Unsicherheit in dieser Frage ist eine der größten Sorgen der Geflüchteten hier.
Die Zahl  der Menschen, die ankommen oder zurückkehren ist im Vergleich zu den früheren Tagen deutlich zurückgegangen. Diejenigen, die rausgehen wollten, wurden seit heute Abend daran gehindert, dies zu tun. Sie haben um 19.00 Uhr die Türen geöffnet und gesagt, dass es nur für eine Stunde war. Plötzlich gab es eine große Menschenmenge im Zentrum von Karaagac.
Die Dorfbewohner von Karaagac teilen teilweise ihre Geschäfte und ihre Infrastruktur mit den Geflüchteten. Fast in jeder Steckdose werden mehrere Telefone aufgeladen. Die große Menschenmenge überschreitet jedoch die normale Kapazität des Dorfes. Wir können eine Zunahme des rassistischen Diskurses gegen Migrant*innen beobachten.
Das Thema ist zu einer weiteren Krise für die Bauern geworden. Es ist die Zeit der Ernte und der Aussaat, aber es ist unmöglich, dass sie Zugang zu ihren Feldern haben, solange das Camp hier ist.
Wir betraten das Café, und die Leute, die uns nicht kannten, versuchten, uns mit dem Schrei “Polizei, Polizei, Problem! rauszubefördern. Wir wurden akzeptiert, als sie erkannten, dass wir Türkisch sprechen. Und sie entschuldigten sich mit rotem Gesicht wegen der Demütigung, indem sie uns sagten: “Wir dachten, ihr seid Migranten”. Sie servieren den Einheimischen in richtigen Gläsern, während sie den Migranten in Papiergläsern zum Mitnehmen servieren. Und sie sagen, der Grund dafür sei die Aufforderung der Kund*innen. Der Ladenbesitzer fragte: “Jetzt haben sie Geld, das ist in Ordnung, aber was wird passieren, wenn sie in der nächsten Zeit kein Geld haben? Wir wurden vor der Gefahr gewarnt, dass Geflüchtete stehlen könnten. Die Bedenken werden oft in Form von Fragen wie “Wird dieses Feld in ein Konzentrationslager verwandelt oder wird es evakuiert? Werden wir mit diesen Menschen hier festsitzen? ”   
Motorrad-Polizisten gehen um die Geschäfte herum und hindern die Migrant*innen daran sich hinzusetzen.
Es gibt eine neue Wirtschaft, die auf unfairen Preisen basiert. Die Migranten zahlen für den Transport vom Lager zum Dorfzentrum mit den Pferdewagen 5 Lira; ein Quadratmeter Plastik wird für 20 Lira verkauft. Im Vergleich dazu, haben wir 50 Quadratmeter Plastik für einen Preis von 24 Lira gekauft.
No Border Pazarkule/Edirne