Zu Tagesbeginn kamen wir an der Tankstelle Uzunköprü Turkuaz vorbei. An der Autowaschanlage der Tankstelle warteten etwa 80-100 Geflüchtete. Wir haben erfahren, dass sie aus Griechenland zurückgedrängt wurden. Es warteten einige Busse, um diejenigen zu transportieren, die nach Istanbul zurückkehren wollten. Während ein Beamter versuchte, sie davon zu überzeugen, im Bus Platz zu nehmen, verteilten zwei weitere Gesundheitsbeamte saubere und trockene Kleidung.
Unser nächster Halt war das Dorf Kiremitçisalih, das 10 km von Uzunköprü entfernt liegt. Auf dem Hauptplatz des Dorfes warteten etwa 20 Personen auf die Einreise nach Griechenland. Von den drei marokkanischen Geflüchteten, über die wir gesprochen haben, hatte einer vor einigen Monaten versucht, über Gibraltar nach Spanien zu gelangen, er wurde dann gefasst und wegen Grenzübertritts für 3,5 Monate inhaftiert. Als er freigelassen wurde, hörte er, dass die Türkei die Grenzen öffnete, dann nahm er den ersten Flug von Casablanca nach Istanbul und kam in diesem Dorf an.
5 km hinter Kiremitçisalih kamen wir im Dorf Kurdu an. Die Dorfbewohner sagten uns: “Hier gibt es keine Migranten, Sie sollten besser im nächsten Dorf nachsehen”.
Im Dorf Gemici sagte uns der Besitzer des Kaffeehauses, der angeblich die Funktion des Dorfwächters innehatte, dass es durch einen vom Gouverneur erlassenen Befehl verboten sei, Informationen zu diesem Thema zu geben. Als wir uns auf den Weg zum nächsten Dorf machten, sahen wir eine Gruppe von fünf Geflüchteten, die von der Grenze aus in Richtung des Dorfzentrums gingen. Als wir versuchten, uns ihnen zu nähern, stieg der Wachmann aus dem Kaffeehaus und schrie, wir sollten nicht mit dieser Gruppe sprechen. Jede der Personen hatte den gleichen Regenmantel an. Wir verließen das Dorf, als sie an der Busstation des Dorfes ankamen, und dort warteten.
Die Bewohner des nächsten Dorfes, Akçadam, informierten uns, dass es dort keine Übergänge für Geflüchtete gibt. Sie rieten uns, die nächsten Übergänge zu überprüfen und in Richtung Ipsala zu fahren.
Auch die Dorfbewohner von Serem wollten nicht mit uns kommunizieren und erwähnten das Verbot des Gouverneursamtes. Sie behaupteten, der Staat habe damit nichts zu tun, und die Geflüchteten würden die Grenze aus eigener Kraft überqueren.
Auf dem Hauptplatz von Karayusuflu sind zwei Personen, die wir getroffen haben, gerade auf Grund der Sperrungen wegen des Corona-Virus angekommen. Obwohl sie nicht im Dorf gelebt haben, sagten beide, die Fluchtbewegung sei nicht neu. Aufgrund der Grenznähe sei sie für das Dorf immer ein Problem gewesen, doch mit den kürzlichen Entwicklungen sei sie sichtbarer geworden.
Ein anderer Jugendlicher, dem wir im Kaffeehaus des Dorfes begegnet sind, erzählte uns, dass sie das Kaffeehaus in der ersten Nacht, in der es einen intensiven Zulauf von Menschen gab, übernommen haben. Auf dem Parkplatz gegenüber dem Kaffeehaus, mit dem wir uns unterhalten haben, standen zwei große Gummiboote. Sie erzählten, dass die Boote von der Gendarmerie gebracht wurden. Eine weitere interessante Geschichte, die sie uns erzählten, war die eines Dorfbewohners, der vor zwei Wochen vom türkischen Militär beim Transport von Geflücheten nach Griechenland erwischt und festgenommen wurde. Nur einen Tag nach diesem Ereignis wurde die türkische Seite der Grenze geöffnet, und dieselben Soldaten kamen diesmal ins Dorf, um Unterstützung für die Überführung der Geflüchteten zu erbitten. Die Dorfbewohner sprachen auch über die Zurückdrängung von der griechischen Seite und darüber, wie die zurückgedrängten Männer ausgezogen und geschlagen und einige der Frauen vergewaltigt wurden. Alle Dorfbewohner, mit denen wir gesprochen haben, sagten uns, dass di Geflüchteten weder ihnen noch ihrer Ernte geschadet haben, so dass sie sich nicht beschweren können.
No Border Pazarkule