Die Polizei, die unser Fahrzeug am Ortseingang von Ipsala anhielt, fragte, ob sich in dem Wagen Geflüchtete befanden. Es gibt keine Spur von Geflüchteten in der Stadt. Der nahe gelegene griechische Grenzübergang war aktiv tätig. Die Zollbeamten, mit denen wir sprachen, erklärten, dass es keine Probleme am Grenzzaun gab.
Die Dorfbewohner*innen, mit denen wir im Dorf Balabancık sprachen, erklärten, dass dieser Ort zwar in den ersten Tagen ein aktiver Transitpunkt war, dass aber die Geflüchteten, die hier waren, mit Bussen in die umliegenden Dörfer gebracht wurden und dass es im Dorf keine weiteren Geflüchteten mehr gab.
Als wir auf dem Dorfplatz von Adasarhanlı, 4 km von der Grenze zu Griechenland entfernt, anhielten, begannen wir mit den Dorfbewohner*innen, die wir zum ersten Mal trafen, zu sprechen. Einer von ihnen schlug vor, dass wir mit dem Schulleiter sprechen sollten. Der Muhtar(Ortsvorsteher) sagte, dass es keine Beschwerden über die Geflüchteten gegeben hätte. Insgesamt seien etwa 5.000 Menschen durch ihre Dörfer gegangen und 500 Menschen zurückgedrängt worden. Diejenigen, die von Griechenland zurückgedrängt worden seien, wären geschlagen worden sund einige von ihnen seien in das Dorf zurückgekommen. Ihre Arme und Beine waren gebrochen. Er gab an, dass sie im Hochzeitssaal des Dorfes 200-300 Menschen gleichzeitig aufnehmen konnten. Die Geflüchteten sind nicht mehr anwesend. Trotzdem gibt es mehr Lebensmittelspenden,die nicht verwendet werden können.
Die Menschen, die wir im Dorf Küplü zu kontaktieren versuchten, weigerten sich, mit uns zu sprechen.
Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner, mit denen wir im Dorf Subaşı sprechen konnten, erklärten, dass das Problem der Geflüchteten in ihren Dörfern nicht neu sei, sie leben seit 30 Jahren mit dieser Tatsache. Sie sagten, dass Griechenland ein Fischerboot beschlagnahmt habe.
Das Dorf Kadıdondurma ist 4-5 km von der Grenze entfernt. Die Dorfbewohner*innen, mit denen wir sprachen, erklärten, dass sie keinen Schaden durch die Geflüchteten erlitten hätten und, dass die Übergänge für die Dorfbewohner*innen mit ihren Autos und Booten wirtschaftlich vorteilhaft gewesen seien. Die Geflüchteten im Dorf wurden gesammelt und in das Dorf Alibey gebracht.
Die Muhtar und die alten Dorfbewohner*innen im Dorf Umurca waren von der Situation der Geflüchteten bei den jüngsten Fluchtversuchen emotional betroffen. Sie gaben eine ständige Gnadenerklärung ab. Einer der Dorfbewohner, mit dem wir sprachen sagte: “Neulich sah ich fünf Menschen am Rande meines Feldes sitzen, und mein Mais wurde abgeschnitten. Als ich zu ihnen ging, boten sie mir etwas von meinem Mais an. Was können sie eigentlich machen,hier gibt es nichts Gutes für sie, sie wollen sowieso gehen, welchen Schaden können sie uns zufügen”.
Das Dorf Nasuhbey liegt nur 500 Meter von der Grenze entfernt. Dort wird intensiv gefischt. Es sind Geflüchtete durch das Dorf gekommen, aber es gibt derzeit keine Migrant*innen. Die Bootsführer des Dorfes brachten mit Unterstützung der Gendarmerie viele Geflüchtete nach Griechenland. Ein griechischer Soldat handelte extrem hart, eröffnete sogar das Feuer und zerschlug eines der Boote.
Das Dorf Alibey ist ein Ort, an dem sich verteilte Geflüchtete aus den umliegenden Dörfern versammelten. Dies wurde uns von den Dorfbewohner*innen, die etwa 200 Personen in einem großen weißen Zelt am Eingang des Dorfes untergebracht hatten, erzählt. Einer der Dorfbewohner, mit dem wir sprachen, erklärte, dass sie heute Morgen bereits 80-90 Menschen nach Griechenland gebracht haben.
Auf der anderen Seite erzeugt der Zwang, lange Zeit mit strukturellen Unmöglichkeiten und begrenzten Ressourcen zu leben, eine hohe Spannung im Lagerbereich von Pazarkule. Unsere Freund*innen im Lager in Karaağaç erklärten heute, dass es gegen halb sechs morgens einen Kampf zwischen verschiedenen Gruppen gab und dass diese Spannung am Abend zunahm und sich zu einem Konflikt entwickelte.
Wir erhielten Informationen über die Krankenwagen, die wegen dieser Konflikte und Verletzungen vieler Menschen in das Gebiet kamen. Auch etwa 250 Fahrzeuge der Strafverfolgungsbehörden fuhren in das Gebiet ein, nachdem die Verletzten weggebracht worden waren und sich das Konfliktumfeld beruhigt hatte.
Im Laufe des Tages verließen sieben Busse mit denjenigen, die nach Istanbul zurückkehrten, das Gebiet.
Mehrere geflüchtete Frauen haben seit der lezten Nacht einen Protest gestartet, in dem sie trotz heftigen Regens und Kälte vor dem Rasendraht zwischen der Türkei und Griechenland die Öffnung der Tür forderten.
Einige unserer Freund*innen im Lagerbereich erklärten, dass viele das Camp verlassen und an ihren Wohnort zurückkehren wollen, da die wechselnden Wetterbedingungen, die zunehmende Kälte und der starke Regen die Unterbringungsbedingungen immer schwieriger machten. Andererseits wissen sie, dass das Gefühl, “wir überschreiten diese Grenze oder wir sterben”, auch verbreitet ist.Die falsche Informationen wie, dass der Bus nach Deutschland fährt, verbreitet sich. Obwohl ihnen bewusst ist, dass noch Tausende von Menschen vor dem Tor von Pazarkule auf die Einreise in das Gebiet warten, sagten sie, dass es noch Hoffnung gibt.
“Wir sind Menschen, wir sind Geflüchtete. Das kann jedem Menschen passieren. Wir sind vor den Schwierigkeiten, die jeder in seinem Land erleben kann, davongelaufen. Wir sind nicht das Problem selbst. Vergessen Sie uns nicht. Sprechen Sie über uns. Niemand gibt uns Hoffnung. Wir geben uns selbst Hoffnung.
Während die Ungewissheit infolge der fehlenden Übermittlung von Informationen über ihr Schicksal zunimmt, nimmt die Erschöpfung zu. Sie beklagen sich über die fehlende Sichtbarkeit ihrer Situation und darüber, dass sie vom Corona-Virüs überschattet wird.
Sie können das Gebiet verlassen und in Cafés gehen, um die Handys aufzuladen, aber wenn sie mehr als ein Handy aufladen und die Polizei sie sieht, werden sie aus den Cafés geschlagen.
Video Link von Crossborder Solidarity: https://www.facebook.com/watch/?v=502698930415102
No Border Pazarkule/Edirne