2. März 2020 Pazarkule/Evros Tag 3

Gestern haben wir Pazarkule gegen 20 Uhr verlassen, um die Situation am Grenzübergang Ipsala zu beobachten. Als wir das Feld verließen, stellten wir fest, dass die Schlange für den endlich eingerichteten kostenfreien Essensplatz extrem lange Warteschlangen hatte. Die verteilten Lebensmittel bestanden nur aus Keksen und Snacks und hatten keinen Nährwert.

Auf der Durchreise durch Uzunkopru sahen wir eine Gruppe von Geflüchteten an einem Polizeikontrollpunkt warten, wo die Polizisten versuchten, sie zu drängen, in die Busse zu steigen, die zum Meric-Fluss fahren sollten. Kurz danach parkten wir unsere Autos an einem Ort 5 Kilometer vom Grenzübergang Ipsala entfernt; danach ruhten wir uns einige Stunden aus.
Am Morgen machten wir uns auf den Weg zum Grenzübergang Ipsala. Auf dem Weg nach Ipsala sahen wir einige hundert Geflüchtete, die entweder zur Grenze gingen oder zurückkehrten. Es waren hauptsächlich Afghanen, aber wir trafen sogar auf zwei türkische Bürger*innen, die mit anderen zusammen die Grenze überqueren wollten.
Im Gegensatz zu Pazarkule gibt es hier keine militärische Präsenz. Die Polizei war in höchster Alarmbereitschaft, und die Kontrollen an der Grenze wurden verschärft. Wir erfuhren, dass dieses Tor für die Übergänge offen geblieben ist, um Handel und Tourismus zu erleichtern, und der Bürgermeister und der lokale Gouverneur sind ebenfalls den ganzen Tag über hier.
Das Warten um das Tor herum war für Geflüchtete hier streng verboten. Die Polizei übt großen Druck auf die Geflüchteten aus, damit sie in den Bus steigen. Diese Busse gehören demselben Unternehmen wie der, den wir in Pazarkule gesehen haben. Und wurde sowohl von den Polizeibeamt*innen als auch von den Busfahrer*innen bestätigt, dass diese weißen Busse der türkischen Generaldirektion für Migrationsmanagement unterstehen. Jeder Bus wird von mindestens einem Polizeibeamten begleitet. Mit diesen Bussen werden die Geflüchteten auf die Felder und in die Militärzonen entlang der Grenze gebracht. 
In der Zwischenzeit wurde, basierend auf den Informationen, die wir von unseren Freund*innen erhalten haben, die gestern Zeug*innen der Übertrittsversuche in den Grenzdörfern waren, ähnlicher Druck vom Militär auf den Feldern ausgeübt, die von Geheimdienst, Gendarmerie und Polizei begleitet werden. Wir wissen, dass versucht wird, die Geflüchteten dazu zu bewegen, sich unter die griechischen Soldaten zu begeben. Darüber hinaus haben wir erfahren, dass die an einige vermieteten Boote nach einer gewissen Zeit von verschiedenen Soldaten beschlagnahmt wurden.
Diejenigen, die die Busse am Grenztor von Ipsala nicht nehmen wollen, werden angeschrien und sofort aus der Zone gebracht. Wir hören, wie ein Polizist zwei Personen, die nicht in den Bus einsteigen und zurücklaufen wollen, anschreit: “Wir haben seit Morgen geschrien, wir nehmen euch umsonst mit aber wenn ihr selbst rüberkommen wollt, werden sie euch schlagen und euer Geld und Telefon abnehmen.” Wer möchte, kann jedoch mit den dort befindlichen zivilen Fahrzeugen verhandeln und gegen Bezahlung die gewünschten Orte erreichen.
Einer der Orte, an die die Gruppen gebracht werden, ist ein Hochzeitssaal im Dorf Karpuzlu. Es handelt sich um ein kleines Gebäude im Dorf; davor stehen Gendarmerieeinheiten, Krankenwagen und Teams des Roten Halbmonds, die das Gebiet kontrollieren. 
Wir folgten der Straße Karpuzlu-Enez und versuchten, die gesamte Grenzlinie zu sehen. Hinter den Reisfeldern, die sich entlang dieser Straße erstreckten, sahen wir leere weiße Busse, die vom Nullpunkt der Grenze abbogen. Wir vermuten, dass sie die Geflüchteten an den festgelegten Transitpunkten zurücklassen und umkehren.
Als wir in der Stadt Enez ankamen, stießen wir auf keine Kontrollposten. Es ist schwierig, von der Anwesenheit von Geflüchteten in der Stadt zu sprechen; das Leben geht wie üblich weiter. 
Jetzt haben wir beschlossen, nach unserer Pause wieder zum Grenztor von Pazarkule zu gehen, um unsere Beobachtungen zu schreiben. Da wir uns sicher sind, dass wir nicht an den vorherigen Ort gelangen können, wollen wir möglichst nahe am Kontrollpunkt einen Informationspunkt errichten und weiterhin Suppe für diejenigen kochen, die nachts ankommen. Nachdem wir die derzeitige Situation dort beobachtet haben, erinnern wir nachdrücklich daran, dass wir Schichten benötigen werden, um unsere Präsenz hier aufrechtzuerhalten.  
In Solidarität,
No Border Pazarkule/Edirne